Auf dem Gebiet der Gemeinde Vrsar gibt es eine große Anzahl von Steinbrüchen, die vor kurzem durch den Einsatz eines Laserscanning aus der Luft (LiDAR, ALS – Airborne Laser Scanning), bzw. durch eine Visualisierung des LiDAR, und gezielte Besichtigungen an Ort und Stelle im Rahmen des Projekts ArchaeoCulTour entdeckt wurden. Diese Angaben machten es möglich, bisher unbekannte Steinbrüchen zu erkunden, die nach ihrer Stilllegung mit dichter Vegetation bewachsen waren.
Bei der Arbeit in den antiken Steinbrüchen verwendeten die Arbeiter als Werkzeug ein sogenanntes Dvošilj, eine zweischneidige Spitze, und der Stein wurde in Form von gleichmäßigen Blöcken abgespaltet. Sie wurden aus der Gesteinsmasse mit Hilfe von Pašarina-Kanälen losgelöst, die um den gewünschten Steinblock gemeißelt wurden, während der Block an der Unterseite durch Keile von der Gesteinsmasse getrennt wurde. Die Breite dieser Kanäle betrug in römischen Steinbrüchen auf dem Gebiet von Dalmatien meistens zwischen 20 und 30 cm, was nahezu mit der Breite der Kanäle in römischen Steinbrüchen in Istrien identisch ist. Das Ergebnis einer solchen systematischen Gewinnung von Steinblöcken war immer ein gleichmäßiger, meistens quadratischer Grundriss im Steinbruch. Daher wurden bei Begehungen und Erkundungen von Steinbrüchen in der Gegend der Gemeinde Vrsar und darüber hinaus, ihr Grundriss, die Existenz der Pašarina-Kanäle und deren Dimensionen sowie Werkzeugspuren (zweischneidige Spitze) am Felsen dokumentiert
Die Steinbrüche im Gebiet dieser Gemeinde befinden sich meistens im Landesinneren, abseits der Küste, auf den Gipfeln oder Hängen von Hügeln. Der übliche Standort antiker Steinbrüche war jedoch entlang der Küste oder in ihrer Nähe, damit die ausgehobenen Steinblöcke einfacher auf Schiffe verladen und weitertransportiert werden konnten, da der Seetransport am schnellsten und billigsten war. Obwohl die antiken Steinbrüche im Gebiet der Gemeinde einige Kilometer von der Küste entfernt liegen, befinden sie sich alle in der Nähe der mutmaßlichen Strecke der antiken Straße Via Flavia.
Einer der kürzlich entdeckten Steinbrüche ist auch der im Gebiet der Bischhofsgipfel „Biškupovi vrhi“ (Monte del Vescovo). Der Grundriss des Steinbruchs ist gleichmäßig quadratisch, was auf eine Gewinnung von Steinen an dieser Gesteins-Lagerstelle während der römischen Verwaltung hinweist, und entspricht den Grundrissen der antiken Steinbrüche in Istrien und Dalmatien. Hier sind an den Klippen des Steinbruchs auch die Werkzeugspuren (Einschnitte) sichtbar sowie die Pašarina-Kanäle. Drei gemessene Pašarina-Kanäle sind 18-20 cm breit, was den Dimensionen von Pašarina-Kanälen in antiken Steinbrüchen in Dalmatien entspricht. Im September und Oktober 2020 wurde der Steinbruch im Rahmen des Projekts ArchaeoCulTour archäologisch erkundet, und bei dieser Gelegenheit wurden mehrere grob bearbeitete Steinfunde entdeckt. Aufgrund der Pašarina-Kanäle und der gefundenen Blöcke auf dem Boden des Steinbruchs, lassen sich Länge, Breite und Höhe der abgebaute Steinblöcke abschätzen. Aus diesem Steinbruch wurden Steinblöcke von etwa 2 m Länge, etwa 1 m Breite und etwa 80 cm Höhe abgespaltet. Es wird angenommen, dass es sich um Blöcke handelt, die zur Herstellung von Sarkophagen bestimmt waren. Außerdem wurde ein terrestrisches Laserscanning des Steinbruchs vorgenommen.
Nicht weit von diesem Steinbruch entfernt, gibt es noch einen kleineren Steinbruch (Biškupovi vrhi 2). Dieser befindet sich am Fuße eines Hügels auf der Nordostseite. Beim ersten Besuch, im Januar 2020, stand er unter Wasser, doch man konnte einen gleichmäßigen quadratischen Grundriss erahnen. Bei unserem erneuten Besuch Ende September 2020, als das Wasser im Steinbruch ziemlich zurückgegangen war, wurden die Werkzeugspuren an den Klippen dokumentiert, sowie der eigentliche Grundriss des Steinbruchs. Dokumentiert wurden auch fünf Pašarina-Kanäle, alle zwischen 15 und 20 cm breit. Spuren von modernen Werkzeugen konnten nicht festgestellt werden.