Freskenmalerei, eine Maltechnik mit schnellen Bewegungen auf frischen Putz findet man in vielen Kirchen Istriens und sie ist sein besonderes Merkmal. In der Kirche St. Michael am Lim befindet sich eine der ältesten Freskenmalereien nicht nur Istriens sondern auch seiner weiteren Umgebung. Sie gehört zur ersten Phase der frühmittelalterlichen Fresken in Istrien im orientalisch-hellenistischen und byzantinischen Stil der hier von der ottonischen (deutschen) Schule übernommen wurde. Sie entstanden im XI. oder XII Jahrhundert mit ausgeprägten vorromanischen Merkmalen.
Die Freskomalerei in St. Michael am Lim wird hinsichtlich der Ikonografie und der Freskotechnik der internationalen sogenannten ottonischen Schule der Malerei in den Benediktinerklöstern zugeschrieben. Dieser Einfluss verbreitete sich von den Benediktinerklöstern Echternach, Reichenau, Fulda und später Regensburg und wurde vom Kreis der Gemeinschaften hiesiger Kamaldulenser aufgenommen. So entstanden und entwickelten sich in den Kultstätten Beispiele aus der westlichen Ikonografie mit der narrativen Reihung und realistischen Gestaltung nach ottonischer Tradition. Zu bemerken sind Einflüsse aus der süddeutschen ottonischen Schule (gestreckte Figuren, Kleidung, Gesten, Teile der Ornamentik), während in Stil und Technik Spuren des oriental-hellenistischen Stils zu finden sind (Modemotiv der Paragaudiona, impressionistische Modulation, blauer Hintergrund, Lebendigkeit der Darstellung). Elemente der byzantinischen Freskenmalerei wurden nicht direkt aus Byzanz übernommen, sondern sind über die ottonische Schule und italienische Kunstwerkstätten, die sich schon zuvor diese Motive und Techniken angeeignet hatten, übernommen wurden.
An der Ostwand des Kirchenschiffes (links) befindet sich die Darstellung eines Heiligen mit Tonsur im dunklen Gewand, vor dem sich eine Person befindet (kniend?), und auf der anderen Seite der Apsis ist die Gestalt eines Bischofs oder Mönches ziemlich gut erhalten. Darüber sind Spuren eines Faltenwurfs zu sehen, deren starke Beschädigung keine genaue Zuordnung wie Verkündigung oder ähnliches, zulassen.
Der Mittelteil der gut erhaltenen Darstellung ist am interessantesten. Ein Herrscher sitzt auf einem Thron, dessen Lehne der Rückenlinie des Herrschers folgt. Er wird im Profil gezeigt mit nach rechts geneigtem Kopf. Die rechte Hand ist nach Art eines Redners erhoben – woran der Einfluss westlicher Freskomalerei zu erkennen ist – und er wendet sich an eine Person, die vor ihm steht und mit nachdenklich gesenktem Kopf im Profil gezeigt wird. Zwei Höflinge, die hinter dem in einen Mantel gehüllten Herrscher stehen, schauen die Person an. Die auf engem Raum dargestellten Gestalten drängen sich aneinander und berühren mit ihrem Haupt den oberen Balken, wobei die Krone des Herrschers sie sogar überragt.
Die nächste Darstellung bezieht sich auf eine Gestalt im Profil, die mit beiden ausgestreckten Armen wahrscheinlich ein offenes Buch hält. Da sehr beschädigt, ist die Darstellung nicht gut zu sehen. Erkennbar ist noch eine Gestalt, die mit beiden ausgestreckten offenen Händen das erwähnte Buch entgegen zu nehmen scheint. Daneben befindet sich noch eine weitere aber leider völlig vernichtete Darstellung.
Auf der rechten Seite dieser Gruppe befindet sich eine monumentale Szene. In der Mitte ist ein knieender Heiliger dargestellt, der die Hände zum Himmel streckt woher Strahlen von Luft aus einer Engelsgestalt fließen. Vor ihm sitzt mit der Geste eines Redners eine angesehene Persönlichkeit, neben der zwei Männer in kurzen Tuniken stehen. Der Heilige wendet sein Gesicht einer Gruppe von bartlosen Männern hinter ihm zu, die mit Tuniken bekleidet in erhobenen Händen runde Gegenstände halten (einige stehen aufrecht, andere bücken sich, doch alle haben das Profil auf den Heiligen gerichtet). Wahrscheinlich handelt es sich um die Darstellung der Marter: der bartlose Heilige mit Tonsur ist wahrscheinlich ein Diakon (hat eine dalmatika), während das Strahlenbündel und der Engel auf den baldigen Tod hinweisen. In diesem Zusammenhang symbolisieren die angesehene Person und jungen Leute die Folterer, dabei ist die angesehene Person der Anführer und die Jugendlichen sind die Ausführenden, wobei die Gegenstände das Mittel zur Tortur sind – mit Sicherheit handelt es sich um Steinigung. Die Szene dieser Darstellung, die Steinigung eines Heiligen, Diakons, führt zu dem Schluss, dass es sich um die Marter des heiligen Stefan handelt, des ersten Märtyrers der heiligen Kirche. Besonders interessant ist eine andere Gestalt, die vor dem heiligen Stefan steht. Der Legende nach handelt es sich um Sava oder vielleicht um einen falschen Zeugen, der Stefan verlogen anklagt, was eine einmalige Darstellung dieser Art wäre. Diese ikonografische Szene lässt sich in die Zeit zwischen dem IX. und XII. Jahrhundert datieren.
Der größte Teil der Komposition der Fresken, der sich im Bereich der Halbkuppel befindet, war wahrscheinlich mit Bildern von Christus, der Jungfrau Maria, umgeben von Heiligen und Engeln bemalt, unter denen sich auch der Erzengel Michael, der Titular der Kirche befand.
Eine besondere Aufmerksamkeit ist auch der Draperie zu schenken, in der kleine weiße Schleifen befestigt sind. Sie wurde im Rhythmus einfacher halbkreisförmiger Ränder und spitzer Falten in Form des Buchstabens V in breiten farbigen Strichen ausgeführt. Die Draperie schmückt den unteren Teil des Altars der Kirche und ist nur teilweise erhalten. Es handelt sich um ein Motiv, das in der vorromanischen Malerei üblich und verbreitet war.